Ein noch immer weitgehend intransparentes globales Finanzsystem breitet den Schutzmantel über korrupte Eliten, SteuerbetrügerInnen und steuerhinterziehende Konzerne. Der am 30. Januar 2018 präsentierte Schattenfinanzindex 2018 des Tax Justice Networks zeigt, welche Staaten illegale Finanzströme besonders anlocken: Es sind nicht vorrangig die fernen (Karibik-)Inseln, sondern viele der wichtigsten Industriestaaten der Welt – an der Spitze die Schweiz und die USA.

Sechs der zehn wichtigsten Schattenfinanzzentren sind OECD-Staaten oder deren Schutzgebiete, drei sind asiatische Staaten. Das Hauptproblem sind also nicht etwa (karibische) Inselstaaten: Dort ist zwar die  Geheimhaltung höher aber der Anteil am globalen Markt grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen gering.
Der Index zeigt deutlich: Das große Volumen an anonymen und illegitimen Finanzströmen können nur die reichen und mächtigen Staaten stoppen.
 Platz 1: Schweiz
Die Schweiz ist die „Mutter aller Steueroasen“. Banken in der Schweiz managen mehr als 2,5 Billionen Euro ausländischen Vermögens und erreichen damit einen Anteil von 25 Prozent am Weltmarkt. Finanzdienstleistungen entsprechen mehr als 10 Prozent des Schweizer BIPs, mehr als doppelt so viel wie im europäischen Schnitt. Der ohnehin hohe Geheimhaltungswert hat sich 2018 noch einmal verschlechtert.
Damit bleibt die Schweiz wie schon in den Vorjahren zu Recht auf Platz 1 des Schattenfinanzindexes. Auf Druck der USA, der EU und anderer Staaten hat sich die Schweiz zum globalen Automatischen Informationsaustausch der OECD, dem Common Reporting Standard (CRS), verpflichtet, wird mit der Umsetzung aber erst 2018 beginnen – ein Jahr später als viele andere Länder. Viele kleinere, ärmere und weniger einflussreiche Länder bleiben auch dann weiterhin außen vor. Das Schweizer Bankgeheimnis besteht für sie weiter. Die Strafen bei Verstoß gegen das Geheimnis wurden nach den Leaks 2014 sogar weiter erhöht.
Auch bei den neuesten Skandalen und Geheimhaltungstrends geht die Schweiz mit schlechtem  Beispiel voran. Mehr als die Hälfte der in den Panama Papers untersuchten Briefkastenfirmen wurde von Schweizer Banken eingerichtet. Und Genf beherbergt einen der ältesten und größten Freeport (Zollfreihafen) der Welt, in dem Kunst und Wertgegenstände in Milliardenhöhe anonym und steuerfrei aufbewahrt und gehandelt werden.
Die EU stellt mit ihrer aktuellen „Schwarzliste“ von Steuersümpfen ein paar wirtschaftlich und politisch schwache Länder an den Pranger. Der Schattenfinanzindex zeigt hingegen, dass vorrangig reiche und mächtige Staaten vom großen Volumen anonymer und illegitimer Finanzströme profitieren. Die Top Ten des Index vereinen über 60 Prozent des Weltmarktanteils bei grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen auf sich. Sie bieten nicht nur einen hohen Grad an Intransparenz, sondern blockieren oder verwässern auch politische Fortschritte auf internationaler Ebene. Am stärksten unter der Gewinnverschiebung multinationaler Konzerne und illegitimer Finanzabflüssen leiden dabei die Länder des globalen Südens.